Wahre Brennweite des MTO 11CA

 


Auf der Suche nach einem leichten Reiseteleskop erwarb ich auf er ATT 2001 ein Maksutov-Teleobjektiv 10/100, gemeinhin auch als „Russentonne“ bekannt. Zwar kein Schnäppchen, aber immerhin mit Fokussierer, Sucherfernrohr 6x30 und 30,6 mm Okular komplett ausgestattet als Kleinteleskop. Bei dem Fokussierer handelt es sich um ein umgebautes Kameraobjektiv mit einer Gesamtlänge von 80 mm.Wie üblich waren auch noch 3 Objektivfilter und eine passende Tasche enthalten. Es fehlte nur noch ein Zenitspiegel, der jedoch auf der Messe günstig zu erwerben war. Als Montierung sollte ein vorhandenes Fotostativ mit Videoneiger dienen.

Erste Eindrücke

Gewohnt, durch einen 12,5“ f /4,8 Newton zu beobachten, war ich zunächst erstaunt, daß die meisten „Standardobjekte“ praktisch gar nicht mehr zu sehen waren. Von M13 gerade mal ein schwaches Fleckchen, M57 mehr zu erahnen als zu wirklich zu sehen. Welch ein Unsinn, daß Anfängern immer wieder geraten wird, mit kleinen Öffnungen einzusteigen.
Der Test an offenen Sternhaufen und Doppelsternen fiel dagegen eher unerwartet positiv aus.Die Sterne wurden fein und punktförmig abgebildet, mit dem 10mm Plössl waren schöne Beugungsringe zu sehen. E-Lyrae wunderbar getrennt.
Die Idee, einen der 3 Objektivfilter mittels Baader-Solar-Filterfolie zum Sonnenfilter umzubauen, drängte sich von anfang an auf und erwies sich als außerordentlich praktisch. Zur Sonnenbeobachtung eignet sich die Tonne sehr gut, ebenso lassen sich Mond und wohl auch die hellen Planeten gut beobachten.

Welche Brennweite hat die Russentonne denn nun wirklich?

In diversen Diskussionsforen wurde immer wieder „verhandelt“, welche Brennweite die Tonne denn habe? Angegeben ist 1000 mm bei 100 mm Öffnung, also f/10. Beim Vergleich mit dem Newton zeigte sich ein etwa gleich großer Himmelsausschnitt, was einer Brennweite von ca. 1,5 m entsprach.
Obwohl diese verlängerte Brennweite bei den helleren Objekten eher positiv wirkte (zumal ich bisher keinerlei Vignettierung feststellen konnte), überwog im Deep-Sky-Bereich der Nachteil des kleinen Öffnungsverhältnisses.
Um auch eine kürzere Brennweite nutzen zu können, ergänzte ich mein Zubehör um den "Russen-Adapter" (M42x1 auf M42x0,75) und passenden 1 ¼“ Okularstutzen. Die Baulänge von "Russen-Adapter" und Okularstutzen beträgt zusammen 36 mm.
Mithilfe eines in ca. 50 m Entfernung aufgestellen Zollstockes und meinem Newton als Referenzrohr ermittelte ich für verschiedene Kombinationen von Fokussierer, T2-Adapter, 1¼“ Okularstutzen und Zenitspiegel die untenstehenden Brennweiten. Außerdem testete ich noch anhand des Bildausschnittes die Brennweite als Teleobjektiv bei montierter Spiegelreflexkamera. Der Ablesefehler lag bei max. 2cm.
 
 
Fokussierer + Zenitspiegel
T2-Adapter + 1/4;“
T2 + 1/4;“ + Zenitspiegel
nur mit Fokussierer

 
 
Variationen
Gegenstandsweite (cm)
f (mm)
V(fO=30mm)
Newton f =1520
84
1520
50,7
T2-Ad.+1 ¼“ 
148
863
28,8
T2-Ad.+1 ¼“+Zenitspiegel
102
1252
41,8
Fokussierer
101
1265
42,2
Fokussierer+Zenitspiegel
82
1557
51,9
Nikon-Spiegelreflexkamera
127
1006
33,6

T2-Ad= Adapter M42x1 aufT2 (M42x0,75)

1 ¼“ = Adapter T2 auf1 ¼“ Steckhülse
Die Meßwerte deckten sich mit dem subjektiven Eindruck, den ich beim Beobachten von verschiedenen lichtschwachen Objekten mit der kurzbrennweitigen Variante ohne Fokussierer und Zenitspiegel hatte. Galaxien wie M81/M82 waren damit leicht aufzufinden, M13, M5, M3, M27 oder M57 jetzt zumindest deutlich erkennbar. Lediglich der unbequeme Einblick ohne Zenitspiegel nervte dabei etwas. Als Teleobjektiv stimmte die angegebene Brennweite mit dem von mir ermittelten Wert gut überein.

Als weiteres Zubehör ist mittlerweile ein 2" x M 42 "Okularstutzen" erhältlich. Damit läßt sich der volle Durchlaß am M 42 - Gewinde nutzen, also ungefähr 40 mm.
 

2 " x M42 + Pentax XL 40

Mit einem Pentax XL 40 - Okular ergaben sich die folgenden Werte für Vergrößerung und Gesichtsfeld:
 

Variationen
Gegenstandsweite (cm)
f (mm)
V(fO=40mm)
Newton f =1520
185
1520
38
Maksutov mit 2"-Okularstutzen
278
101!
25

Allerdings muß bei den ermittelten Werten berücksichtigt werden, daß der volle Durchlaß ohne Vignettierung angenommen wurde. Da dies definitiv nicht der Fall ist, dürfte die Brennweite des Maksutovs noch etwas geringer als die ermittelten 101 cm sein. Dennoch zeigte der Praxistest am Sternhimmel, daß die Werte gut mit den Beobachtungen übereinstimmen.
So sind z.B. im Sternbild Herkules M13 und Eta-Herkulis gerade noch im selben Gesichtsfeld zu sehen, ebenso im Sternbild Serpens Caput Gamma und Beta Serpentis. Das entspricht einem Abstand von ca. 3°. Beim Newton mit 40er Pentax erscheinen gerade noch Beta und Gamma Lyrae in der Leier im selben Gesichtsfeld, der Abstand beträgt ca. 2°. Das Verhältnis der Gesichtsfelder ist also etwa 2:3, was sehr gut mit dem Verhältnis der experimentell ermittelten Vergrößerungen (und der daraus berechneten Brennweite) übereinstimmt (25:38 = 0,66).
 

Resumè


Mit einer sehr variablen Brennweite von 86 – 156 cm und dem daraus resultierenden Öffnungsverhältnis von f /8,6 – f/15,6 eignet sich die Russentonne sowohl als Planeten- bzw. Sonnen-/Mond-Rohr als auch als Deep-Sky-Teleskop für offenen Sternhaufen und nicht allzu lichtschwache Nebel. Ausgerüstet mit einem 2"-Okularstutzen und 40er Widefield-Okular bietet das Teleskop ein recht großes, 3°-Gesichtsfeld.  Die überaus kompakte Bauweise macht es zu einem idealen Reiseteleskop. Darüberhinaus erfüllt die Tonne natürlich auch noch sehr gut ihren eigentlichen Zweck als Teleobjektiv.